Dorfbrand

Lüsen: Großes Brandunglück vor 90 Jahren

(Die durch den Wiederaufbau entstandene Schuldenlast hemmte Lüsens Wirtschaft über Jahrzehnte)

Viele Lüsner, besonders jene der älteren Generation, erlebten den großen Dorfbrand am 10. Oktober des Jahres 1921, der Not und Ratlosigkeit unter den Bewohnern des Tales auslöste.

Es war am Tag des „Rosarimarktes“ in Brixen, viele Männer waren noch auf dem Heimweg, als kurz vor zwanzig Uhr beim Krämer in Lüsen ein Brand ausbrach. Dieser griff, angefacht durch den mehrmals wechselnden Wind, so rasch um sich, dass binnen einer Stunde der ganze Dorfkern in Flammen stand. Trotz sofortigen Eintreffens der Wehrmannschaft und freiwilliger Helfer konnte das Feuer wegen Mangel an Wasser infolge großer Trockenheit nicht gelöscht werden. Auch die Bauart der ineinander geschachtelten Häuser mit einem Obergeschoß aus Holz trug dazu bei, dass sich der Brand schnell ausbreiten konnte. Es war unheimlich zuzusehen, wie schon um neun Uhr das ganze Dorf bis zur Kirche in Flammen stand. Bald hatte auch das Dach des Kirchturms Feuer gefangen und stürzte auf das Kirchendach nieder. Unheimlich soll es gewesen sein, als die Turmuhr um halb elf Uhr ihre letzten Schläge tat, während die Balken brennend zum Himmel loderten. Um halb zwei Uhr war das ganze Dorf abgebrannt, es gab nur mehr rauchende Ruinen. Dem Brand fielen 14 Wohnhäuser mehrere Holzschuppen, vier Futterhäuser und die Kirche zum Opfer, 129 Personen wurden obdachlos.

In der ersten Zeit des Brandes konnte noch manches von Hand zu Hand reichend aus den Häusern gerettet werden. Mit wenigen Ausnahmen kamen die meisten Bewohner aber nur mit dem Leben davon. Die Freiwillige Feuerwehr tat ihr Möglichstes, konnte dem Brand aber nicht Einhalt gebieten. Telefon gab es in Lüsen keines, trotzdem erschien die Feuerwehr von Brixen (14 km) schon um 23 Uhr auf dem Brandplatz. Eine halbe Stunde später traf auch die Feuerwehr von Rodeneck ein. Freilich gab es für sie keine Arbeit mehr, sie konnte nur noch Häuser am Dorfrand abschirmen. „Die Wehrmannschaft unter Leitung der beiden Commandanten hat sich in zehn Tagen hindurch in wirklich hingebungsvoller und tatkräftiger Weise benommen, was von jedermann anerkannt werden muss“, schrieb Franz Sigmund nach der Brandkatastrophe ins Feuerwehrbüchl.

Gleich nach dem Brand dachte man an den Wiederaufbau. Es wurden zwei Komitees eingesetzt: eines für den Wiederaufbau des Dorfes, das andere für die Wiederherstellung der Pfarrkirche. Der verheerende Dorfbrand hatte jede Hoffnung auf eine bessere Zukunft zunichte gemacht. Die durch den Wiederaufbau des Dorfes und der Kirche erdrückende Schuldenlast, welche mit der darauffolgenden Wirtschaftskrise zusammenfiel und der zweite Weltkrieg lähmten für Jahrzehnte jeglichen Aufbau im privaten wie öffentlichen Bereich.

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